Der Lohn der Mühe

Es ist Silber!
Seit Januar hatte ich immer mal wieder über die Mühen einer unserer zwei Dutzend Kleingartenvereine in der Stadt geschrieben, einen Erfolg im 23. Bundeswettbewerb „Gärten im Städtebau“ zu erringen.
Zuerst die Nachnominierung mit sportlicher Einreichungsfrist für die umfangreichen Unterlagen, schließlich die Abgabe dieser Unterlagen im sächsischen Landesbüro der Kleingärtner und dann der aufregende Besuch der Bewertungskommission im Sommer.
Am Ende folgte nun heute die festliche Preisverleihungsveranstaltung mit 900 (!) Gästen im Maritim Hotel in Berlin. „Unsere“ Kleingärtner hatten einen kleinen Bus gechartet, damit möglichst viele aus dem Verein dieses Erlebnis teilen konnten.

Erst gab es ein bißchen Musik und dann einige Reden. 
Besonders beeindruckt hat mich der bodenständige Einstieg des Parlamentarischen Staatssekretärs Florian Pronold, der im Bundesumwelt- und – bauministerium für Bau und Stadtentwicklung zuständig ist. Offen gab er zu, dass bis vor sechs Jahren wenig Berührungspunkte mit Kleingärtner hatte. Einerseits, weil es in ländlichen Gegenden – und aus einer solchen kommt er – kaum Kleingartenanlagen gibt, andererseits pflegte er wohl auch ein paar Vorurteile. Mir ging es ja ebenso, darüber bloggte ich hier 2012. Auch Herr Pronold brauchte ein solches Erweckungserlebnis, dafür vermittelte er heute glaubhaft, dass er heute anders denkt 🙂
Ebenfalls sehr hörenswert war die knackige und aussagekräftige Rede von Dr. Malou Weyrich, Generalsekretärin des Office International du Coin de Terre et des Jardins Familiaux, also der Vereinigung der europäischen Kleingärten. In klar formulierten Sätzen forderte sie, dass sich die Menschen darüber bewusst sein müssen, dass Mensch und Natur von den Grünflächen der Kleingärtnern auch in Zukunft profitieren und diese Flächen geschützt werden müssen.

Der Vorsitzende der Bewertungskommission war hinter dem großen Aktenordner zur Jury-Bereisung fast nicht zu erkennen.

30 Vereine hatten sich am Wettbewerb beteiligt (in Deutschland gibt es 15.000 Vereine, von denen die Landesvertretungen jeweils die besten entsenden). Neun Goldpreise wurden vergeben, 15 Silberpreise, alle anderen Vereine erhielten Bronze. Zusätzlich hatte das Umweltministerium fünf anerkennende Preise ausgelobt, die mit je 1.000 Euro dotiert waren.
Insgesamt war es eine gut geplante Veranstaltung, mit der es gelungen ist, ehrenamtliches Engagement angemessen zu würdigen.
Herzlichen Glückwunsch allen Teilnehmern!

Endlich mal Rohkost!

Die Füchsin und Schrebergärten – eine Liebe auf den zweiten Blick. Ich bloggte mehrfach darüber.

In der vergangenen Woche gipfelte diese schräge Liebe in der zweistündigen Begehung der Jury des Bundeswettbewerbs „Gärten im Städtebau“, das ist DER Kleingärtnerwettbewerb Deutschlands.

Von den Kleingärtnern ist dabei Großes gefragt: Sie sollen Öffentlichkeitsarbeit machen und sich in die Stadt einbinden. Das ist gar nicht so leicht, denn gleichwohl die Anlagen auch mitten in der Stadt liegen und meist ständig zugänglich sind, gilt der Schrebergarten an sich doch eher als persönlicher Hort der Glückseligkeit des Pächters.

Unsere Wettbewerbsteilnehmerin, eine Ende der 1960er Jahre gegründete Anlage mit über 80 Parzellen, ist im Winter als Nachrücker in den Wettbewerb gerutscht. Der Vorsitzende ist Mitte 70, jung verliebt und fuhr eine Woche vor der Jury-Begehung mal glatt eine Woche in den Urlaub. In den letzten Monaten hatte er meine Versuche, ihm Hilfe bei der Vorbereitung anzubieten, stets unbeantwortet gelassen. Er reagierte einfach nicht.

Nach seiner Rückkehr aus dem Urlaub war klar: Es blieben nur noch zwei Tage Zeit und ich musste dem Vorsitzenden klar machen, dass es nichts bringen würden, den Jurymitgliedern zum zehnten Male Schnittchen zu servieren. „Horscht, schaut doch, was Ihr in Euren Gärten habt! Was trägt jetzt Früchte, was blüht jetzt? Das müsst Ihr auf die Tische stellen!“ Der Vorsitzende guckt mich an und verzieht keine Miene. Das wettergegerbte Gesicht bleibt unbewegt. Ich fange an zu zweifeln: Überfordere ich ihn? Bin ich zu forsch? Versteht er mich? Wenn ja, warum sagt er nichts? „Ja, ein paar Schalen mit Kirschen könnte ich hinstellen… Einen Kohlrabi auf dem Tisch dekorieren“ fängt er an Ideen einzubringen. „Genau! Und Ihr habt doch sicher Marmelade im Keller. Dann schneidet einfach etwas Baguette auf und präsentiert Eure Marmelade“.

Die Schalen mit Johannis- und Stachelbeeren, mit Zuckerschoten, Möhrchen, Radieschen und Kirschen waren DER Renner bei der Jury. „Endlich mal Rohkost!“ rief eine Dame, als sie das Obst und Gemüse entdeckte. Alle griffen gerne zu und knabberten die gesunden und frischen Köstlichkeiten aus den Schrebergärten. Viele der anderen Wettbewerbsteilnehmer servierten eben doch die altbekannten Schnittchen und Brötchenhälften oder grillten abends. Macht das mal 14 Tage mit – da geht Ihr auf wie ein Hefekloß und selbst die leckerste Thüringer Bratwurst schmeckt am fünften Tag hintereinander nicht mehr wirklich gut.

Ein I-Tüpfelchen setzte Horscht dann mit seiner Marmeladenverkostung. Etwa zehn verschiedene Fruchtkonfitüren, u. a. Kürbis und Hagebutte, standen auf dem Tisch und am Ende der zweistündigen Begehung war das Baguette vernascht 🙂 Auch, wenn diese kulinarische Abwechslung nicht in die Bewertung eingeht – da sollen Senioren- und Tafelgarten, Naturlehrpfad und die Zusammenarbeit mit den Kindereinrichtungen punkten – war es wohl für die siebenköpfige Jury eine erfreuliche Überraschung auf ihrer anstrengenden Tour durch Deutschland.

Zum Wettbewerb gibt es eine informative Homepage und sogar ein Online-Reisetagebuch.

The Schreber Spirit

Letzten Montag in Dresden. Erstmals Besuch der Geschäftsstelle des Landesverbandes Sachsen der Kleingärtner e. V. Eine hübsche Villa mit hölzernem Wintergarten scheint nur passend als Sitz für den LSK. Räume gibt es allerdings begrenzt, ebenso Personal. Erwartet hatte ich das anders, schließlich klingt LANDESVERBAND nach ’ner Menge Angestellter in vielen teuer eingerichteten Büros.
Nur eine Handvoll sehr beschäftigt und engagiert wirkender Menschen aber wuselt durch den Flur, in dem eine Vitrine mit meisterlich gefertigten Modellen früher Gartenlauben bestückt ist. Heimelig wirken sie und schützenswert.

150 Jahre Schreberbewegung feiern die Kleingärtner in diesem Jahr. 2014 mag das für manche seltsam und altmodisch klingen: Kleingärtner, Schrebergarten, Laubenpieper. Und doch erfahren die kleinen Parzellen mancherorts großen Zuspruch. In den westdeutschen Großstädten etwa gibt es lange Wartelisten, auf denen der Gärtnerwillige gut und gerne ein paar Jahre auf sein kleines Stückchen Grün lauert. Im Osten kennen wir es dagegen anders, denn der Wegzug von 1,1 Millionen Menschen nach der Wende warf für viele Kleingartenanlagen ein vorher nicht gekanntes Problem auf, den Leerstand. Gar bedrohlich ist es für einige Vereine geworden. andere haben es mittlerweile ganz gut im Griff.
Lösungsansätze für das Leerstandsproblem gibt es, wie ich finde, noch zu wenige. Senioren- und barrierefreie Gärten entstehen, leere Gärten werden pachtfrei gestellt, leere Gärten werden durch andere Pächter mit gepflegt, Öffentlichkeitsarbeit wird verstärkt etc.

In Mecklenburg-Vorpommern sind Seniorengärten seit dem 11. März 2013 von der Drittelteilung befreit und damit von dem Zwang, mindestens ein Drittel der Gartenfläche für den Anbau und jeweils maximal ein Drittel für bauliche Anlagen (Laube, aber auch Gewächshäuser, Wege, Zäune!) und für Zierpflanzen zu nutzen. Der mir mittlerweile sehr gut bekannte Vereinsvorsitzende einer Anlage meiner Heimatstadt war für die Idee eines Seniorengartens sehr schnell zu begeistern. Gleichwohl er für seine Anlage keinen Leerstand zu verzeichnen hat, sieht er einen solchen Garten als sinnvolle Einrichtung. „Wenn meine Mitglieder aus Altersgründen irgendwann den Garten nicht mehr halten können, müssen sie dann trotzdem nicht auf frische Luft verzichten und machen eben einfach das, wozu sie noch in der Lage sind.“ Noch in diesem Jahr, das für ihn wegen der spannenden Nachnominierung für den Bundeswettbewerb „Gärten in der Stadt“ sowieso schon sehr aufregend ist, möchte er einen Garten extra freilenken, der zukünftig durch drei bis fünf Senioren und Seniorinnen bewirtschaftet werden kann.

Denken wir an die ersten Schreberplätze zurück, von Ernst Innozenz Hauschilds errichtete Freiflächen, auf denen Kinder turnen und spielen sollten, so stellen wir eine Art positive Umkehr der vor 150 Jahren begonnenen Entwicklung fest. Von der strengen Erziehung der Jüngsten ist man (zum Glück) abgekommen; heute finden die Menschen im Kleingarten ihr Fleckchen zur Erholung und Anbauflächen für die Selbstversorgung. Mal sehen, wohin es in den nächsten Jahren geht und welches Bundesland als nächstes die Drittelteilung für Seniorengärten aufhebt.

Schönen Sonntag noch,
Eure Füchsin!

PS: „Gut Wehr!“ wünscht man Feuerwehrleuten, „Toi, toi, toi!“ den Schauspielern, aber was denn um alles in der Welt den Schrebergärtnern???

Reanimation

Unverhofft kommt oft sagt man. Manchmal kommt unverhofft aber so dermaßen unverhofft, dass man hofft, dass es verdammt nochmal ganz, ganz selten bleibt.

Im Juli des letzten Jahres schrieb ich über die Begehung der Landesjury im Kleingartenwettbewerb. Die besten vier Anlagen des Freistaates können am Bundeswettbewerb teilnehmen und eine Anlage aus meiner Heimatstadt hoffte damals auf einen dieser vier Plätze. Der Vorsitzende war doch erst Witwer geworden, hatte sich dann in die Arbeit im Garten gestürzt und noch mehr für den Verein geackert, der Zünsler lauerte dabei schon als grün-schwarze Bedrohung im Buchsbaum…
Die Anlage ist top in Schuss, es gibt viele Initiativen, wie Tafelgärten und einen Naturlehrpfad. Die Gärtner hätten es also wirklich verdient gehabt, einen der vorderen Plätze zu gewinnen. Im Herbst dann das zugegebenermaßen bittere Erwachen. Die vier Plätze hatten andere Anlagen belegt.

Ende letzter Woche dann ein Schreiben vom Landesverband. Eine Seite auf den Punkt gebracht: Die Anlage soll doch am Bundeswettbewerb teilnehmen. Einsendeschluss für die Unterlagen in einer Woche. IN EINER WOCHE! Ich meine – der Vorsitzende ist über 70 Jahre alt! Nein, aber jammern gilt nicht. Flugs werden alle potentiellen Helfer angeschrieben und übermorgen soll das Ding nun in der Kiste sein. Das ist doch wirklich unverhofft, oder? Und irgendwie doch auch eine Reanimation. Des Wettbewerbsgedankens. Der Motivation. Auch des Zusammen-schaffen-wir-das-Gefühls. Das fühlt sich so was von gut an!

Landesgartenfachberater und Landesbewertungskommission

Ein großer Tag für einen örtlichen Kleingartenverein. Die Landesbewertungskommission kommt.
Ihre Mitglieder schauen ernst und meinen es auch so. Es geht um viel. Es geht um die Krone. Die Landeskrone für die beste Kleingartenanlage. Und die Chance, zum Bundeswettbewerb zu kommen. Dafür muss im Landeswettbewerb einer der ersten vier Plätze belegt werden.

Dafür hat der örtliche Kleingartenverein viel getan, zum Beispiel Nadelbäume abgeholzt. Ihr guckt jetzt komisch. Das Bundeskleingartengesetz möchte das so. „Die Vögel sind weniger geworden“ sagt der Vorsitzende des örtlichen Kleingartenvereins in die Runde der Landesbewertungskommission. Und „Das liegt auch an den fehlenden Bäumen.“ Die Kommissionsmitglieder schauen, einer schüttelt den Kopf. Es gibt Lob für das Abholzen, die Präsentation mit Laptop und Beamer (der Vorsitzende ist 76), die unkrautfreien Wege, den neuen Naturlehrpfad.

Eine strenge Bemerkung aber fällt zum Obstbaumkrebs. Berechtigt, denn der ist beim Steinobst ansteckend. Kirschen, Pflaumen und Pfirsich müssen also weg, damit sich der Pilz nicht weiter verbreitet. Das Holz sollte verbrannt werden. Hier ist der Landesgartenfachberater nachdrücklich, denn er weiß wovon er spricht. Er ist so eine Art Allwissender, der sowohl die Gartenfreunde beim Gärtnern berät und auch die Vereinsvorstände beim Papierkram. Jedes Jahr bildet er Fachberater aus. Die braucht der Verein, auch um die Gemeinnützigkeit zu erlangen. Kein Fachberater, keine Gemeinnützigkeit, keine Steuervergünstigung. Ätsch.

Dann doch lieber früher an später denken und ein junges Vereinsmitglied zur Fachberaterin ausbilden lassen. Und wieder bei der Landesbewertungskommission punkten. Die freut sich über Fachberater und über junge Menschen im Verein. In einer demographisch unausgewogenen Region zählt jeder junge Mensch doppelt. Und wenn dann der Zensus kommt und richtig zählt, wundert sich die Region, dass Menschen fehlen. Nun gut. Ohne Jugend kein Nachwuchs im Verein. Stellt Euch vor, dann wäre irgendwann alles umsonst. 

Seit 1969 gibt es diesen örtlichen Kleingartenverein, der heute Vorsitzende war Gründungsmitglied. Seine Frau hat er lange gepflegt, im letzten Winter starb sie. Man besuche kranke Gartenfreunde, feiere zusammen, arbeitet gemeinsam für den Flecken Erde. Was die Präsentation als bloße Buchstabenreihen abbildet, sind viele Menschengeschichten…
„Es wäre schändlich gewesen, wenn Sie sich nicht beworben hätten.“ sagt der Leiter der Landesbewertungskommission. Und er sagt auch, dass man sich wieder sehen wird. 

Schrebergarten – gleiche Erde, andere Welt?

Im ersten Post klang sie an – meine Skepsis gegenüber Schrebergärten und deren Besitzern und Pächtern. Schrullig und streng habe ich die Schrebergärtner immer eingeschätzt. Und schaut mal hier: die legendäre Puschel-TV-Sendung über eine Kleingartenanlage. Die gibt mir ja irgendwie recht.

Bei der Bewerbung um die LaGa 2015 habe ich dann ein paar Männer aus dieser „Szene“ kennengelernt, wie den Geschäftsführer des Kreiskleingartenverbandes und den Vorsitzenden des Landesverbandes. Mit dem herzlichen Bernd W. vom Kreisverband duze ich mich inzwischen. Und das ist gut so. Er erklärt mir viele Hintergründe, z. B. über die Fachberater, die sich ehrenamtlich ausbilden lassen und in den Sparten ihr Wissen weitergeben.

Bei uns gibt es Tausende von Schrebergärten. Sie wurden für Menschen angelegt, die in Neubaublöcke ziehen mussten, weil ihre Heimatdörfer für die Braunkohle abgebaggert wurden. Ein Dorf – eine Platte – ein Gang in der Sparte, das war nicht selten so.

Die Hochnäsigkeit gegenüber den Schrebergärtnern habe ich inzwischen abgelegt und fühle mit ihnen, wenn das örtliche Flüsschen Gärten und Lauben unter Wasser setzt oder der Vorsitzende einer Sparte, mittlerweile über 70 und Gatte einer pflegebedürftigen Ehefrau, den Vereinsvorsitz aufgeben muss.

Und sollte es andererseits wirklich nochmal einen unbelehrbaren Drittelteilungsfanatiker geben, dann wird diesen die Demographie belehren, denn vielen Sparten fehlt inzwischen der Gärtnernachwuchs. Man muss sich öffnen, wie in den Bunten Gärten Leipzigs.